Landtagsrede: Mathematik-Unterricht kontinuierlich und nachhaltig verbessern!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Fast jede zweite Schülerin, jeder zweite Schüler hat in der Mathematik-Prüfung zum Mittleren Schulabschluss nur die Note mangelhaft erreicht. Das ist bitter und alarmierend, darüber müssen wir reden und dafür müssen wir dringend Lösungen finden. Doch zuallererst zu den Ursachen. Warum sind die Prüfungen so schlecht ausgefallen?
Das sind an erster Stelle die coronabedingten Schulschließungen zu nennen, die zu Lern- und Leistungsrückständen nach sich zogen und ziehen. Noch so viele Tutorials im Internet können den persönlichen Austausch im normalen Unterricht nicht ersetzen. Rückstände müssen deshalb aufgeholt, und gleichzeitig den aktuellen Anforderungen entsprochen werden.
Weitere Ursachen sind eine immer heterogenere Schülerschaft: hoher Medienkonsum, mangelnde Sprachkenntnisse, Hyperaktivität und Konzentrationsprobleme, schwindende Unterstützung im Elternhaus, psychische Belastungen und so weiter. Hinzukommt, dass Mathe wenig Interpretationsspielraum gibt, entweder ist die Lösung richtig oder falsch, vieles baut aufeinander auf. Und zu häufig wird Mathe fachfremd unterrichtet.
Untersuchungen zeigen, dass der Unterricht manchmal langweilig, zu wenig motivierend und verstehensorientiert ausgestaltet wird. Zu selten werden mathematische Fragen als lebensweltrelevant eingestuft: Schülerinnen und Schüler lernen aber besonders nachhaltig, wenn der Unterrichtsstoff für sie praxisnah und relevant fürs persönliche Leben, also für ihre gegenwärtige und zukünftige Situation von Bedeutung ist.
Und bei all der Aufregung um die Mathe-Ergebnisse, um das „Debakel“, wie die Opposition es nennt, muss Folgendes mit bedacht werden: In den letzten drei Jahren konnte ein Prüfungsfach (wegen der Coronafolgen) abgewählt werden, leistungsschwächere Schüler entscheiden sich dabei meist für Mathe.
Das war in diesem Jahr nicht mehr der Fall – die Defizite schlugen also voll durch. All diese Aspekte führen uns klar vor Augen: Der Mathematik-Unterricht muss dringend verbessert werden! Und zwar kontinuierlich und nachhaltig!
In hektischen Aktionismus zu verfallen, ist dabei die schlechteste Idee. Vorschläge müssen stets Hand und Fuß haben – die der Opposition sind aber wenig innovativ, kurzatmig und sehr überschaubar:
Eine Fortbildungspflicht, das ist ja eh unser erklärtes Ziel. Assistenzkräfte für den Mathe-Unterricht – klingt gut, wer soll das aber genau sein, woher soll dieses Fachpersonal kommen und wer soll das Ganze bezahlen?
Für mich ist klar: Es ist viel sinnvoller, auf die eigentlichen Expertinnen und Experten, die Lehrkräfte, zu setzen! Sie sind der Schlüssel für einen besseren Mathe-Unterricht. Und ihr Unterricht muss so gut sein, dass überhaupt keine Nachhilfe erforderlich ist.
Ihrem Vorschlag für eine individuelle Nachhilfe ist daher der falsche Weg – unser Anspruch muss es doch sein, guten Unterricht zu machen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben im Bereich Mathematik bereits einen ganzen Strauß an Maßnahmen beschlossen. Es braucht aber Zeit, bis Verbesserungen wirken und Erfolge sichtbar werden.
z.B. haben alle Erstklässler seit diesem Schuljahr eine Stunde mehr Mathe. Mehr Unterricht bedeutet mehr effektive Zeit zum Lernen.
Mit „Mathe-Zeit“, einem Förderprogramm für die 4. Klasse, oder Bettermarks, einem Online-Lernsystem für Mathe, das die Antworten der Kinder analysiert und direkt Rückmeldung gibt, sind wichtige Schritte getan.
Dazu kommen die „mathe.sh-Strategie“, das Programm „Mathe macht stark“, der Ein-Fach-Masterstudiengang Mathe und der Zertifikatskurs Mathe für Lehrkräfte, die kein Mathe studiert haben. (300)
Besonders positiv stimmt mich aber der Start des Qua-Math-Programms – der Begriff steht für Unterrichts- und Fortbildungsqualität in Mathematik: 15 Bundesländer beteiligen sich, investieren über 10 Jahre. Erst sollen Multiplikatoren für einen besseren Mathe-Unterricht ausgebildet werden. Nach dem Grundsatz: Was soll gelernt werden und wie soll gelernt werden? In Phase 2 wirken sie dann auf andere.
Das ist der Weg der KMK. SH ist mitten drin dabei und das ist goldrichtig!
Also liebe Kolleginnen und Kollegen, das Feld ist bereits bestellt. Maßnahmen sind bereits getroffen worden. Reiner Alarmismus oder Aktionismus ist die falsche Antwort. Oder anders ausgedrückt: Man kann eine Pflanze, die man gießt, auch ersäufen. Was wir jetzt brauchen, ist etwas Geduld und die Überzeugung, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen.